Next Generation Democracy

Trends and Scenarios for Post-Soviet Eurasia

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Two reports for the “Next Generation Democracy” project, a multi-stakeholder process under the coordination of the Club de Madrid, the world’s largest forum of former democratic Presidents and Prime Ministers. The overall aim of NGD is to better enable democracy to meet the expectations and needs of all citizens and preserve their freedom and dignity while securing a sustainable future for generations to come.

NGD facilitates a discussion on the state and future of democracy in order to formulate both regional agendas and a global agenda, to reverse disquieting trends and advance democracy worldwide. The project progressively offers a comprehensive analysis of regional dynamics in democratic governance, a projection of relevant trends, and a compilation of transformative practices and transformative ideas to be discussed in a series of policy dialogues as well as through on-line exchanges. This will help generate collective responses, rather than fragmented and independent actions, and shape consensus around shared, forward-looking, action-oriented agendas. read more

Die prekäre Basis zwischenstaatlicher Solidarität

Beitrag für das Debattenmagazin “The European“, 17.4.2014

Die Europäische Union hat ihre von Zahlungsunfähigkeit bedrohten Mitgliedstaaten erfolgreich stabilisiert. Sie errichtete einen Europäischen Stabilitätsmechanismus, der gefährdeten Mitgliedstaaten des Euro-Währungsraums umfangreiche Kredite gewährt, wenn diese sich zur Umsetzung von Wirtschaftsreformen verpflichten. Die Europäische Zentralbank erklärte ihre Bereitschaft, kurzfristige Anleihen von Staaten anzukaufen, die den Stabilitätsmechanismus in Anspruch nehmen. Damit konnte die EU die Finanzmärkte davon überzeugen, dass die gesamte Eurozone den Ausfall von Krediten an einzelne Mitgliedstaaten mit Zahlungsproblemen verhindern wird.

Mit diesen Beschlüssen bürgten Deutschland und andere finanzielle stabile Eurostaaten für die gefährdeten Staaten und demonstrierten so ihre Solidarität. Umgekehrt verpflichteten sich die Krisenstaaten, ihre Finanz- und Wirtschaftspolitik am Stabilitätsziel zu orientieren und den Mitgliedstaaten der Eurozone sowie den EU-Institutionen ein Mitentscheidungsrecht über diese Politiken einzuräumen. Sie verringerten dadurch das Risiko, ökonomisch unverantwortlich zu handeln und die gesamte Eurozone destabilisieren.

Bei der Bewältigung der Wirtschafts- und Finanzkrise verhielten sich insofern nicht nur die finanziell stabilen Eurostaaten solidarisch, und deren Haftungsbereitschaft entsprach ihrem wohlverstandenen Eigeninteresse an der Vermeidung von Ansteckungseffekten. Dies zeigt, dass Solidarität sich nicht auf uneigennützige Hilfe beschränkt, sondern unter den EU-Mitgliedstaaten angemessener als Investition in gemeinschaftliche Handlungsfähigkeit verstanden werden sollte, die mittelbar und indirekt auch den Hilfeleistenden selbst nützt.

Es ist jedoch ungewiss, ob die zwischenstaatliche Solidarität aufrechterhalten und vertieft werden kann, solange die EU nicht in einer europäischen Gesellschaft mit einer gemeinsamen, nationenübergreifenden Identität wurzelt. Mit der Eurozonenkrise hat sich die Kluft zwischen ökonomisch-politischer und identitär-gesellschaftlicher Integration vertieft.

Die von der EU mit verordneten Sparprogramme für krisenbetroffene Eurostaaten erschütterten deren nationalen Wirtschafts- und Sozialordnungen und kündigten die darin repräsentierten Kompromisse zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen auf. Begründet wurden diese Eingriffe damit, dass Eurostaaten die makroökonomischen Ungleichgewichte nur abbauen können, wenn sie ihre Staatshaushalte konsolidieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den anderen Eurostaaten wiederherstellen. Aber die meisten Bürger wussten nichts über die weitreichenden Konsequenzen solcher interner Abwertungen, als sie dem Beitritt zur Währungsunion zustimmten.

Gegenüber den wirtschaftlich schwächeren Mitgliedstaaten konnte die EU ihre Wohlstandsperspektive nur teilweise realisieren. Wenn man die Entwicklung des Prokopf-Bruttoinlandsprodukts in Kaufkraftparitäten vom Zeitpunkt der EU-Osterweiterung 2004 bis 2012 vergleicht, ergibt sich ein ernüchterndes Bild. Polen, die Slowakei, die baltischen Staaten sowie Bulgarien und Rumänien konnten ihr in dieser Kennziffer ausgedrücktes Wohlstandsniveau so erhöhen, dass sich der Abstand zum Durchschnitt der 28 EU-Staaten verringerte. Dieser Aufholprozess erfolgte jedoch nur sehr langsam. Falls etwa Polen seine durchschnittliche jährliche Konvergenzrate aus diesem Zeitraum beibehalten kann, dann erreicht es den EU-Durchschnitt erst nach 2040. Tschechien, Ungarn und Slowenien fielen seit ihrer EU-Mitgliedschaft gegenüber dem EU-Durchschnitt zurück, und Griechenland sowie Portugal verarmten sogar in absoluten Zahlen.

Die Wirtschafts- und Finanzkrise offenbarte die Auslandsabhängigkeit dieser Staaten und nährte die Zweifel am Versprechen der pro-europäischen Parteien, dass die ökonomische Integration mittel- und langfristig Wohlstandsgewinne erzeugen würde. Enttäuschte Erwartungen veranlassten viele Bürger/-innen dazu, euroskeptische oder -feindliche Protestparteien zu wählen. Rechtspopulistische Protestparteien erhielten aber auch in Frankreich und anderen EU-Mitgliedstaaten Zulauf, die während der Eurokrise nicht in akute Finanznot geraten waren. Zunehmende soziale Ungleichheit und geringere soziale Mobilitätschancen, Beschäftigungsunsicherheit sowie die perzipierte Konkurrenz durch Zuwanderer führten hier dazu, dass insbesondere Bevölkerungsgruppen mit geringem Bildungsniveau die europäische Integration als diffuse Bedrohung empfanden und vermeintliche Alternativen wählten. Auch wenn die Europakritiker keine nationalen Regierungsmehrheiten erreichen, schränken sie die Spielräume gemeinschaftlichen Handelns in der EU ein.

Wie kann die EU in dieser Lage ihre Solidaritätsbasis stärken? Sie müsste einerseits mehr tun, um die sozioökonomische Konvergenz der ärmeren Mitgliedstaaten zu fördern. Die unterschiedlichen Fortschritte in dieser Gruppe – z.B. zwischen Polen und Ungarn – weisen darauf hin, dass eine gute Regierungsführung offenbar Einfluss auf die langfristige Wachstumsdynamik hat. Hier könnten transnationale Vergleiche und Erfahrungstransfers mehr Transparenz, öffentliche Kontrolle und Lernen bewirken.

Andererseits müsste sie Befürchtungen begegnen, die die Integration mit der Erosion nationaler Sozialmodelle verbinden. In der Debatte um die soziale Dimension der Währungsunion schlug die Europäische Kommission im Oktober 2013 einen Fonds vor, der Eurostaaten bei Konjunkturschwankungen und kurzfristigen Ungleichgewichten unterstützt und dessen Transfers an die relativen Wachstumsdefizite gegenüber dem Eurozonendurchschnitt oder an eine bestimmte Arbeitslosenquote gekoppelt werden könnten. Darüber hinaus sollte den Mitgliedstaaten ermöglicht werden, ihre nationalen Sozialmodelle gegen den Abbau von Leistungsstandards im Unterbietungswettbewerb mit anderen Mitgliedstaaten zu schützen. Die EU könnte zum Beispiel Mindestniveaus für öffentliche Sozialausgaben in Abhängigkeit vom ökonomischen Leistungsniveau festlegen. Ökonomische Konvergenz würde damit auch eine Konvergenz der Ausgabenniveaus bedeuten.

Ein Vorschlag zum Status der Krim

Ein Beitrag für das IPG Journal,7.4.2014

Die Zukunft der Ukraine entscheidet sich nicht auf der Krim. Deshalb wäre eine Strategie des Westens verfehlt, die Russland aufgrund der völkerrechtswidrigen Krim-Annexion nicht an der Neugestaltung des post-revolutionären ukrainischen Staates beteiligt. Sie würde die Ukraine zum Opfer einer neuen Ost-West-Konfrontation machen. Gegenwärtig sind die westlichen Staaten und Russland jedoch in einer Blockadekonstellation, die vor allem den russischen und ukrainischen Nationalisten in Russland und der Ukraine in die Hände spielt.

Westliche Sanktionen nötigen die russische Regierung allein schon deshalb zu Gegenaktionen, weil sie die ungemein popularitätssteigernden Effekte ihrer Machtdemonstration nicht durch Anzeichen von Schwäche aufs Spiel setzen will.

Wenn man der russischen Regierung ein grundsätzliches Interesse an einem legitimen und rechtmäßigen Verfahren unterstellt, dann bietet sich hier jedoch ein Anknüpfungspunkt für eine Überbrückung des Konflikts: Die Konfliktparteien sollten sich darauf einigen, die Entscheidung über den endgültigen Status der Krim auf ein zweites Referendum zu verschieben. Dies sollte nach einer Übergangsphase unter internationaler Aufsicht und nach internationalen Verfahrensstandards abgehalten werden.

Vollständige Version: IPGJournal Krim

 

 

Business Elites and the Eurasian Economic Union Project

Paper for the Workshop  “Elite Networks in Russia and Ukraine. Change, Structures and Political Role”, , German Institute for International and Security Affairs (SWP), Berlin, 13-14 February 2014

Abstract

Business elites can be considered important advocates of Eurasian integration since neofunctionalist theory has assigned them a key role in the emergence of supranational EU governance structures. Do business elites in Russia articulate a demand for supranational policies that supports political elites in their efforts to create such structures? To examine this question, the paper firstly discusses existing political and economic rationales for the recent steps of integration. While political motives appear to prevail, plausible economic reasons can also be identified. The relevance of the economic rationales is further explored by studying whether and how Russian business elites assess the Eurasian Economic Union project. The paper finds that the Eurasian Economic Commission has sought to incorporate business representatives into its legislative procedure. However, major Russian business associations have devoted only selective and limited attention to Eurasian economic integration. There is empirical evidence that representatives of medium-technology industries outside the fuel sector most actively promote the project. In contrast, leading business representatives have revealed expectations of intergovernmentalist politics that are likely to impede a neofunctionalist mechanism of reinforcing Eurasian integration.

Trade Liberalization and Democracy

A Research Note for the Policy Planning Staff, Federal Foreign Office of Germany, 10 June 2013

Summary:

The aim of the proposed study is to analyze whether trade liberalization has facilitated market economy and democracy, how to reinforce this impact through complementary policies and how to use trade liberalization to achieve a democratization in Russia, Ukraine, Belarus and Kazakhstan. This study is to be elaborated in a cooperation between economists and political scientists, and its findings / policy recommendations are to be discussed and agreed with scholars from France and Poland. To organize this cooperation, the research questions need to be addressed and operationalized in different modules.

The present notes describe how a political analysis module could contribute to this study. The analysis proposed here should discuss the plausibility of the different causal mechanisms that link trade liberalization to democratization, in view of the political situation in Russia and the other post-Soviet states. There is a significant body of quantitative, large-n research on the relationship between trade liberalization / globalization and democratization. Based upon a cursory review of the literature, one can state that existing studies do not unequivocally confirm a positive impact of trade liberalization on democracy (see table). This is, inter alia, due to the underspecification of the response variable and the causal heterogeneity associated with variable-centered quantitative research. Since these studies are designed to identify mean effects for a large number of cases, they do not explore country-specific configurations of causal factors.

Making Reform Happen

Towards a Diagnostic Framework

Keynote paper for the SELLER Network Conference, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, 21-25 May 2012, Budva

Abstract

The present paper suggests a conceptual framework that disentangles the “politics of policy reform” as a chain of delegation and accountability relations. This framework shall help reformers and consultants to analyze weak links in the chain. The proposed approach overlaps with the notion of a policy cycle, but focuses on political actors and their interdependence, while avoiding the temporal, institutionalized sequence associated with the cycle idea.

Since policy reforms can be defined as changes of the status quo that enhance aggregate welfare in the longterm perspective, they can be assumed to reflect enlightened self-interests of a majority of citizens. Making reforms could thus be conceived in a wide sense as the challenge of translating citizens’ policy preferences into policies. But this chain from citizens to civil servants consists of many links that involve the delegation of authority and are fraught with problems of agency: that agents do not faithfully pursue the interests of their principals. Principal-agent theory has distinguished two types of agency problems: principals are unable to choose the right agents (called adverse selection) or principals are unable to control the behavior of their agents once a contractual relationship has been set up (moral hazard). To contain these agency problems in the political process, principals have established mechanisms of political accountability. Accountability implies that a principal has a right to demand information from an agent, and a capacity to impose sanctions.

The present paper argues that sustainable policy reforms depend on functioning delegation and accountability links. It is not enough to develop the enforcement capacities of agents through technical assistance projects. More attention should be paid to strengthening their accountability and avoiding “agency loss”. Five links may be distinguished in the chain of accountability and delegation: 1. citizens –> political parties; 2. political parties –> parliamentary deputies; 3. parliament –> government; 4. core executive –> ministers; 5. ministers –> state administration. Note that this chain simplifies a variety of more complex empirical accountability relations. One could also add a sixth link existing between government and independent public agencies and other implementing organizations belonging to the private or non-profit sector. But this link will not be covered here as the focus is on politics and the public sector. The five main links will now be discussed and illustrated with evidence from Southeast Europe and Eurasia.

White Paper on Multi-Level Governance

In 2009, the EU Committee of Regions adopted a White Paper on Multi-Level Governance. During the public consultation of this document, I prepared the following opinion:

From a theoretical perspective, the most convincing strategy of institutional design would be to ensure a congruence between those affected by policies and those eligible to elect the political representatives who decide on these policies. Such a congruence of constituencies would create the best conditions for policymakers to be held accountable for their policies and thus strengthen the incentives for responsive policymaking. In contrast, an incongruence between those responsible for and those affected by a policy would provide incentives for unaccountable and unresponsive policymaking (e.g. negative external effects, moral hazard, freeriding).

The congruence principle would imply that public functions are assigned to the territorial level (jurisdiction) that can be expected to (a) perform these functions most effectively, (b) comprises all important stakeholders and addressees of a given policy. Most importantly, congruence would suggest avoiding the sharing of responsibilities for policies between different territorial levels, because power sharing arrangements may dilute responsibilities and thus public accountability.

I see the subsidiarity principle as detached from its communitarian and organicist connotations and merely as an evaluative instrument (a heuristic) to achieve a clear assignment of functions to territorial levels, starting from the smallest jurisdiction. In principle, one could of course also start from the largest jurisdiction and ask whether smaller jurisdictions have comparative advantages in performing functions.

Thus, if multilevel governance means joint or nested governance, democratic theory would expect accountability problems to emerge. However, there are policy issues that can be most effectively addressed if different tiers of government cooperate. To ensure a maximum degree of accountability and participation, cooperation on multi-level problems should take place on a voluntary basis, not within an institutional framework that makes actions taken by one tier of government dependent on the approval of other tiers. In my view, the essence of the “partnership” model of governance suggested by the White Paper (p. 11) is (a) an equal democratic status of local, regional, national and European tiers of government and (b) the voluntary cooperation among these different tiers. Voluntary cooperation presupposes a mutual recognition of the partner’s democratic legitimacy. As democratic legitimacy does not necessarily require a “thick” identitarian attachment of citizens to one tier of government but is ensured through participation and accountability mechanisms, the EU tier of government relies on independent sources of democratic legitimacy and qualifies as a partner of equal status.

I do not assume that the current allocation of public functions to tiers of government in the European system of multilevel governance maximizes congruence of constituencies and would thus be the most appropriate institutional arrangement with respect to accountability or participatory democracy. To improve and revise the design, the principles of congruence and voluntariness (partnership) would suggest the following sequence of guidelines:

  • All tiers of government should deliberate and decide whether a problem is best solved by one or several jurisdictions separately or whether it is a genuinely multi-level problem. Given the accountability and responsiveness advantages of separate-level policymaking, a separatory assignment of functions should be preferred if it is desired by one of the tiers. (This guideline would inter alia imply involving local and regional government in amendments of the Treaties.)
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