Zur Umsetzung der Minsker Abkommen

Ein Interview zur aktuellen Lage in der Ukraine und zum Treffen der Trilateralen Kontaktgruppe, ARD Tagesschau 24, 3.8.2016

Geht es in der Ukraine voran? Reformen in Justiz, bessere Korruptionsbekämpfung, eine bessere Wirtschaftslage geben aus Sicht von Martin Brusis von der Ludwig-Maximilians-Universität München Grund zur Hoffnung. Sorge bereiten ihm unter anderem die Kämpfe im Osten des Landes.

Minsker_Abkommen

Die Minsker Abkommen scheinen gescheitert, die Zivilbevölkerung im Osten der Ukraine ist in Gefahr, aber es gibt auch Hoffnungsschimmer für das Land – so schätzt zumindest Martin Brusis von der Ludwig-Maximilians-Universität München im Gespräch mit tagesschau24 die Situation in der Ukraine ein.

Die Reformen des Justizwesens und die Anstrengungen in der Korruptionsbekämpfung schätzt der Osteuropa-Experte Brusis als positiv ein. So habe der neue Generalstaatsanwalt im Parlament den Antrag gestellt, die Immunität von Oligarchen aufzuheben und so ihren Einfluss einzuschränken.

Ebenfalls positiv könnte sich die wirtschaftliche Lage entwickeln, meint Brusis. Nach einem Einbruch des Bruttoinlandsproduktes um zehn Prozent im vergangenen Jahr gebe es nun ein leichtes Plus.

Wenn man sich die Lage in der Ukraine anschaue, könne man sagen, dass die Minsker Abkommen gescheitert seien. Vertreter der ukrainischen Regierung, der Separatisten, der OSZE und Russlands hatten im September 2014 eine Waffenruhe für die Ostukraine beschlossen. Eigentlich, so Brusis, gebe es weder für die pro-russischen Separatisten noch für die Ukraine eine Alternative zu diesen Abkommen. Dennoch gebe es immer wieder Gefechte, viele in der Nähe von Ballungsräumen. Dadurch sei die Gefahr für die Zivilbevölkerung in der Ostukraine groß. Zahlreiche Menschen seien aus der umkämpften Region geflohen, aus Angst um ihr Leben, aber auch, da selbst Wasser und Strom fehle.

Die Tatsache, dass die Weltöffentlichkeit aktuell eher auf andere Konflikte und Themen schaue, ist ein weiterer Negativfaktor für die Ukraine. Brusis befürchtet, dass der Konflikt noch weiter eskalieren könnte. Die Anreize, zu versuchen, den Konflikt gewaltsam zu lösen, wachse auf beiden Seiten.

Was könnte eine Lösung des Konflikts sein?

Osteuropaexperte Brusis sieht mehrere Möglichkeiten, den Konflikt zu entschärfen. Er hält es für wichtig, dass die Ukraine eine klare Perspektive nach Europa bekomme. So könne zum Beispiel der Visazwang aufgehoben werden. Auch wirtschaftliche Unterstützung, gerade für kleine und mittlere Unternehmen sei wichtig. Und Brusis fordert, den Minsker Prozess zu stärken, das Parlament in Kiew einzubeziehen, damit die Chancen für einen Frieden in der Ostukraine steigen.

Quelle: Tagesschau Website (mit kleineren Änderungen übernommen)