Interview mit Nina Niebergall, Deutsche Welle, 5.4.2017
Am 4.4.2017 beschloss das ungarische Parlament eine Änderung des Hochschulbildungsgesetzes, die die in Ungarn existierenden Hochschulen aus Nicht-EWR-Staaten dazu verpflichtet, an ihren ausländischen Standorten einen eigenen Campus zu errichten und darauf beschränkt, in Europa akkreditierte Studiengänge anzubieten. Außerdem sollen diese Hochschulen nur auf der Grundlage eines bilateralen zwischenstaatlichen Vertrages in Ungarn tätig werden dürfen.
Diese Neuregelung betrifft de facto nur die Central European University (CEU), die in den USA als Hochschule akkreditiert ist, aber nur in Ungarn einen Campus unterhält. Nach Einschätzung der Universitätsleitung wäre die CEU damit zur Schließung ihres Lehrbetriebs gezwungen, da sie Milliarden Dollar in einen US-amerikanischen Parallelcampus investieren müsste und keine amerikanischen Studienabschlüsse mehr vergeben dürfte.
Die Gesetzesänderung steht im Kontext einer seit Jahren von der Orbán-Regierung verfolgten Politik, unabhängige zivilgesellschaftliche Institutionen und Akteure zu kontrollieren oder auszuschalten. Frühere Maßnahmen richteten sich unter anderem gegen die führende Qualitätstageszeitung “Népszabadság”, das private TV-Programm RTL Klub oder die Ökotárs-Stiftung zur Unterstützung ungarischer Non-Profit-Organisationen.
Leider hat die EU bisher abgesehen von einigen Resolutionen des Europäischen Parlaments und Vertragsverletzungsverfahren gegen einzelne ungarische Gesetzesregelungen nichts unternommen, um gegen die systematische Aushöhlung der Demokratie in Ungarn vorzugehen.