Demokratie im postkommunistischen EU-Raum. Erfolge, Defizite, Risiken

Springer Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2021 (Mitherausgeber: Günter Verheugen und Karel Vodička)

Wie resilient ist die Demokratie in Osteuropa? Mehrere Regierungen demontierten rechtsstaatliche Kontrollen und beschränkten die Meinungsvielfalt. Beflügelt von den Krisen der Europäischen Union, mobilisieren Populisten und Extremisten Unzufriedene. Korruptionsaffären und dubiose ökonomische Interessen scheinen die Politik zu beherrschen. Dieses Buch untersucht, inwieweit Akteurskonstellationen und gesellschaftliche Bedingungen illiberale Politiken in den postkommunistischen EU-Staaten begünstigen. Renommierte Länderexpert*innen analysieren Defizite, Erfolge und Risiken der demokratischen Entwicklung in den postkommunistischen EU-Mitgliedstaaten und in Ostdeutschland. Sie liefern ein systematisch vergleichendes und nuanciertes Gesamtbild – eine Generation nach den demokratischen Umbrüchen und im Blick auf Europas neue Gegensätze.

Inhaltsverzeichnis

“Es liegt schon fast eine Generation zwischen dem Ende des Kalten Krieges, dem Zusammenbruch des sowjetischen Imperiums, der Deutschen Einheit und dem Beginn einer Transformation im Osten und Südosten Europas, die noch nicht vollendet ist. Was aber bis heute fehlt, ist eine zusammenfassende Betrachtung der Transformationsgeschichte des postkommunistischen EU-Raums. Das macht dieses Buch wichtig.”

Aus der Einleitung von Günter Verheugen, ehemaliges Mitglied der Europäischen Kommission, zuständig für EU-Erweiterung und die neue Nachbarschaft

Boyan Zahariev, Elitsa Markova: Bulgarien: Wachstum, Disparität und die Macht des Populismus

Vello Pettai: Estonia: Democratic consolidation in an uncertain environment

Zdravko Petak: Kroatien: Schwierige Zeiten für eine Verbesserung der Demokratie

Daunis Auers: Latvia: 20 years stability … or stagnation?

Darius Žeruolis: Litauen: Widerstand gegen populistische Versuchungen

Martin Brusis: Ostdeutschland: Identitäre Mobilisierung auf den Dauerbaustellen der Konvergenz
Die aus der ehemaligen DDR hervorgegangene Region Ostdeutschland weist Unterschiede und Gemeinsamkeiten mit den übrigen Demokratien im postkommunistischen EU-Raum auf. Die verlangsamte ökonomische Konvergenz und die von vielen Ostdeutschen seit der Demokratisierung erfahrenen Herabsetzungen und Stigmatisierungen haben zur Herausbildung einer neuen ostdeutschen Identität und zu den Wahlerfolgen der rechtspopulistischen Partei AfD beigetragen. Die gegebene Ländergliederung bietet jedoch kein institutionelles Äquivalent zu dieser identitären Mobilisierung und begrenzt daher ihr Potenzial.

Claudia-Yvette Matthes: Polen: Erosion von Pluralismus und Rechtsstaatlichkeit – Ausbau des Sozialstaats. Das konservativ-nationale Programm der PiS-Regierung

Sorin Ioniță: Rumänien: Rechtsstaatsdefizite und Basar-Governance

Darina Malová, Branislav Dolný: Slowakei: Zwischen nationalem Populismus und liberaler Demokratie

Alenka Krašovec, Damjan Lajh: Slovenia: Tilting the balance?

Petra Guasti, Zdenka Mansfeldová: Tschechien: Herausforderungen durch Polarisierung und Machtfusion

Róbert László, Patrik Szicherle: Ungarn: Eine kompetitive Autokratie innerhalb der Europäischen Union

Martin Brusis: Illiberale Politiken und demokratische Gewaltenkontrolle im postkommunistischen EU-Raum
Inwieweit begünstigen Akteurskonstellationen sowie institutionelle und gesellschaftliche Bedingungen in den postkommunistischen EU-Staaten illiberale Politiken, wie sie in Ungarn seit 2010 verfolgt wurden? Die in der Region dominierenden proportionalen Wahlsysteme und inkongruenten Konfliktlinien erschweren eine Machtzentralisierung. Die Institutionen der rechtsstaatlichen und öffentlichen Gewaltenkontrolle erscheinen jedoch nicht ausreichend widerstandsfähig gegenüber entschlossenen Parlamentsmehrheiten. Auch zivilgesellschaftliche Proteste und EU-Interventionen gegen illiberale Politiken waren nur begrenzt wirksam.

Karel Vodička: 30 Jahre postkommunistischer EU-Raum. Erfolge, Defizite, Risiken